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Titel
Against All Enemies. Inside America's War on Terror


Autor(en)
Clarke, Richard A.
Erschienen
New York 2004: Free Press
Anzahl Seiten
305 S.
Preis
$27.00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Wolfgang G. Schwanitz, Deutsches Orient-Institut Hamburg

Das ist die Geschichte des Anschlags auf Amerika aus der Sicht des leitenden Beamten für Terrorabwehr. Denn Richard A. Clarke war dies fünf Jahre in der Clinton- und Bush-Administration. Doch seine große Stunde sollte erst schlagen, als er nach drei Dezennien seinen staatlichen Dienst im vorigen März quittiert hatte: viele Fernsehanstalten brachten ein Jahr später live seine Aussage vor der Präsidialkommission zur Untersuchung des 11. Septembers 2001.

Alle Welt scheint jetzt zu wissen, wer dieser leading national security bureaucrat ist, wie er sich nennt. Nicht ganz, denn ein Mitglied jener Kommission hielt vor den Kameras das vorliegende Buch des Terroristenjägers und dessen Pressemitteilung über die gute Terrorabwehr im zweiten Amtsjahr von George W. Bush hoch: Welchem Clarke solle er glauben, dem Autoren des Buches der Abrechnung mit Bush oder des Lobes für den guten Job des Präsidenten in Antiterrorfragen? Da räumte Clarke ein, seinen Dienstherren aus Pflicht gelobt zu haben. Damit hat der Buchautor ein Glaubwürdigkeitsproblem, zumal zu Wahlkampfzeiten.

Wer vom politischen Hickhack absehen und sich in dies Buch vertiefen kann, entdeckt rasch, dass Clarkes Kritik gleichwohl alle Amtsvorgänger seit Ronald Reagan betrifft. Und das ist die Sündenliste: Reagan habe sich nicht gewehrt, als in Beirut 278 Marines durch Terror umkamen. Ähnlich sei es mit George H.W. Bush, der 259 Tote des PanAm-Fliegers 103 ungesühnt ließ. Bill Clinton hat zwar das Terrorproblem erkannt, aber er konnte, zumal im Monica-Skandal verstrickt, die CIA, das Pentagon und das FBI nicht vereinen, um al-Qa'ida zu zerschlagen. George W. Bush sei vor dem 11. September nicht aufmerksam genug gewesen und habe den unnötigen Krieg gegen Irak geführt, der nur Terroristen weltweit stärke.

Clarke entschuldigt sich, denn auch er hat in seiner Stellung als Antiterror-Zar versagt. Dabei begann sein Weg so hoffnungsvoll. Als der Nahostkrieg 1973 ausbrach, wirkte Clark als junger Mann im Krisenzentrum des Pentagons. Dort sah er, wie die US-Streitkräfte wegen Nahost alarmiert worden waren, denn sie hatten sowjetische Atomwaffen auf dem Weg nach Ägypten entdeckt. In dieser Episode liegt eine Wurzel des Debakels vom 11. September: Der Kalte Krieg prägte die Mitglieder der Administration, der im Vergleich zum verschleierten Krieg aus dem terroristischen Hinterhalt klare Fronten und ihr eigenes Leben liebende Gegner hatte.

Doch Angehörige der Administrationen sind regelrecht in die islamische Welt gestolpert. Sie lag ihnen so fern wie der Mond. Clarke kannte in Nahost nur Israel: als Basis an der Südflanke der UdSSR. Dann kam das Schicksalsjahr 1979: Ayatollah Khomeini stürzte den Shah in Iran, die Sowjets fielen in Kabul ein und Clark kam ins State Department. Dort musste er dies für die Beziehungen zwischen Washington und Moskau beurteilen, die stockten. Die Parallelität von Fragen der Großmächte und des Terrorismus begann. Dann nahmen Iraner Geiseln in der US-Botschaft. Jimmy Carter sprach erstmals vom Terror als Weltproblem.

Da nun noch der Krieg zwischen Iraq und Iran begann, entstand der neue Krisenraum Persischer Golf. Mit Blick auf Schachzüge des Kremls sah sich Clarke in Mittelost Rechte auf Stützpunkte verhandeln. Inzwischen zählte Reagan Israel zu den Alliierten. Das hörten auch jene, die glaubten, die USA wäre die Macht, die den Nahostkonflikt regeln könnte. Aber sie sahen auch den ständigen Waffenexport aus Amerika nach Israel, das sich damit in der Region behauptete. Das feuerte Islamisten noch an, die Irans islamische Revolution in die arabischen Monarchien und nach Irak tragen wollten. Clarke wirkte an einer Analyse mit: Optionen der Verhinderung einer Niederlage Iraks. Saddam Husain galt dem Weißen Haus nun als Bollwerk. Reagan strich den Irak von der Liste der Terror-Länder. Er sandte einen Emissär nach Bagdad. Donald Rumsfeld prüfte dort, wie man Irak gegen Iran helfen könne.

Kaum fand Clarke Zeit, das Ende des Kalten Kriegs zu verarbeiten. Da überfiel Irak Kuweit und drohte, der Welt den Ölhahn abzudrehen. Als es vorbei war, stand die US-Army in Saudi-Arabien. Das rief Usama bin Ladin auf den Plan. Clarke, inzwischen im Weißen Haus, stieg nach dem Anschlag auf New Yorks Tower unter Clinton 1998 zum Terror-Abwehrchef auf. Aber die Mentalität des Kalten Kriegs lebte fort. Der Orient blieb auch Clarke im Ringen gegen bin Ladin fremd. Obwohl er um al-Qaida-Leute daheim wusste, alarmierte er nicht Bush direkt, sondern handelte mit Condoleeza Rice seine Versetzung zum Oktober aus. Das überschattet sein Buch, das einen Stein ins Rollen brachte und nur jedem empfohlen werden kann, der die Ansichten eines Hauptverantwortlichen im Weißen Haus erfahren möchte. Dies Werk bereichert den Leser und den Autor gleichermaßen.

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